BSBD_Thüringen im Gespräch mit dem TMJMV

BSBD_Thüringen im Gespräch mit dem TMJMV

*zum Gespräch mit dem Thüringer Ministerium für Justiz, Migration und Verbraucherschutz

am 9. Dezember 2025**

Der BSBD Thüringen hat am 9. Dezember 2025 ein weiteres Gespräch mit dem Thüringer Ministerium für Justiz, Migration und Verbraucherschutz (TMJMV) geführt.

Das Ministerium wurde vertreten durch den Staatssekretär Herrn Klein, dem für den Justizvollzug zuständigen Abteilungsleiter Herrn Tilch sowie Frau Gebhard aus dem zuständigen Personalreferat. Für den BSBD Thüringen nahmen der Vorsitzende Herr Rüdiger sowie die stellvertretende Vorsitzende Frau Schneider-Papst an dem Gespräch teil.

Wie bereits beim ersten Austausch in diesem Jahr bestand das gemeinsame Interesse darin, bestehende Herausforderungen im Thüringer Justizvollzug in einer sachlich konstruktiven Atmosphäre offen zu benennen und gemeinsam nach tragfähigen Lösungen zu suchen

Zentrale Inhalte des Gesprächs:

1. Beförderungs- und Strukturfragen mit dem Schwerpunkt der Stellenbündelung

Ein zentrales Gesprächsthema war die Beförderungsstruktur im allgemeinen Vollzugsdienst.

Im Fokus stand dabei insbesondere die Bündelung der Ämter A8/A9 sowie der enge Zusammenhang zwischen:

  • Beurteilungssystem
  • Dienstpostenbewertung
  • Dienstpostenzuweisung
  • und tatsächlicher Beförderungspraxis

Aus Sicht des BSBD wurde deutlich gemacht, dass die derzeitige Dienstpostenabhängigkeit zu strukturellen Problemen führt. Leistungsstarke Kolleginnen und Kollegen erleben Beförderungen oftmals als zufallsabhängig, taktisch geprägt oder blockiert, nicht wegen fehlender Eignung, sondern wegen fehlender Dienstpostenzuweisungen.

Die Bündelung würde hier eine zentrale Entlastung bringen, da sie:

  • taktische Beurteilungen reduziert,
  • Leistung stärker in den Mittelpunkt rückt,
  • Beförderungen ohne Dienstposten ermöglicht,
  • und Frustration sowie Unmut im Kollegenkreis abbaut.

Im Gespräch zeigte sich, dass das Ministerium und der BSBD in der Analyse dieser Problematik sehr nah beieinanderliegen und sich ausdrücklich für eine Bündelung aussprechen.

zum Verständnis:

Eine gesetzliche Neuregelung der Stellenobergrenzen fordert der BSBD Thüringen seit über zehn Jahren, der Thüringer Strafvollzug blieb hierbei bislang unberücksichtigt. Vor dem Hintergrund des derzeit fehlenden politischen Willens ist ein förmliches Gesetzgebungsverfahren zur Änderung der einschlägigen besoldungs- und laufbahnrechtlichen Regelungen aktuell als äußerst unwahrscheinlich einzuschätzen. Aus diesem Grund verfolgt der BSBD Thüringen den Ansatz der Ämterbündelung (A8/A9) als rechtssichere Alternative innerhalb der bestehenden Gesetzeslage, auch wenn der BSBD Thüringen mit dieser Forderung im Thüringer Strafvollzug bislang gewerkschaftlich alleinsteht, sehen wir insbesondere mit dem neuen TMJMV realistische und gute Umsetzungschancen.

Entsprechend wurde gemeinsam mit dem TMJMV erörtert, welche Schritte noch notwendig sind, um hier strukturell und zügig voranzukommen.

2. Abschiebehaft (AHE) – Personalausstattung und Strukturklarheit

Ein weiterer zentraler Schwerpunkt des Gesprächs war die Abschiebehaft (AHE) und deren Auswirkungen auf den Thüringer Justizvollzug insgesamt.

Der BSBD hat deutlich gemacht, dass die derzeitige Vermischung von Umsetzungen, Versetzungen, Abordnungen und Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Abschiebehaft zu erheblichen Irritationen, Belastungen und Unsicherheiten in den Anstalten führt. Diese Situation betrifft nicht nur einzelne Standorte, sondern wirkt sich landesweit auf den gesamten Strafvollzug aus.

Planung laut Haushalt vs Realität in den Anstalten

Nach dem Doppelhaushalt 2026/2027 ist vorgesehen, dass:

  • der Thüringer Strafvollzug verstärkt ausbildet, um in den kommenden Jahren den steigenden Personalbedarf zu decken,
  • und die Abschiebehaft losgelöst vom Strafvollzug mit einem eigenständigen Personalpool ausgestattet werden soll.

Diese Zielsetzung ist grundsätzlich nachvollziehbar und wird vom BSBD nicht infrage gestellt.

In der praktischen Umsetzung zeigt sich jedoch, dass diese Trennung derzeit nicht konsequent eingehalten wird. Statt eines eigenständigen Personalpools erfolgt die personelle Absicherung der Abschiebehaft aktuell maßgeblich durch:

  • Umsetzungen innerhalb bestehender Anstalten,
  • Abordnungen aus dem laufenden Vollzugsbetrieb,
  • sowie Versetzungen, die wiederum Fehlbestände an anderer Stelle verstärken.

Damit entsteht eine faktische Belastungsverschiebung zulasten des Strafvollzugs, obwohl die Abschiebehaft nach der haushalterischen Planung gerade nicht zulasten des Strafvollzugs gehen sollte.

Strukturelle und kommunikative Defizite

Im Gespräch wurde deutlich, dass es sich hierbei nicht nur um ein strukturelles, sondern auch um ein erhebliches Kommunikationsproblem handelt. Die vorgesehenen Regelungen zur personellen Trennung von Strafvollzug und Abschiebehaft wurden bislang nicht ausreichend klar, einheitlich und transparent kommuniziert.

Dass die Abschiebehaft nun faktisch am Thüringer Strafvollzug hängt, ist politisch begründet. Diese Realität ist allen Beteiligten bewusst. Ebenso ist klar, dass der Strafvollzug diese Aufgabe derzeit mittragen muss. Umso wichtiger ist es jedoch, dass diese zusätzliche Belastung fair, nachvollziehbar und strukturell sauber geregelt wird.

Koalitionsvertrag und fehlende Umsetzung

Der BSBD hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der im Koalitionsvertrag des Freistaates Thüringen zwischen CDU, BSW und SPD formulierte Anspruch einer ausreichenden personellen Ausstattung bislang nicht konsequent umgesetzt wird.

Insbesondere ist festzustellen, dass seitens des Innenministeriums derzeit nur eine begrenzte Bereitschaft erkennbar ist, die für den Betrieb der Abschiebehaft notwendigen personellen Ressourcen tatsächlich bereitzustellen. Dies steht im Widerspruch zu den politischen Zielsetzungen, die im Staatsvertrag festgeschrieben wurden.

Rolle der Polizeigewerkschaften

Hinzu kommt, dass auch die Gewerkschaften der Polizei (GdP und DPolG) deutlich signalisiert haben, dass aus dem Polizeibereich keine personelle Unterstützung für die Abschiebehaft geleistet werden kann oder soll.

Diese Haltung verdeutlicht den bestehenden Zielkonflikt zwischen politischem Anspruch und tatsächlicher Umsetzbarkeit. Besonders augenfällig ist dabei der Zwiespalt zwischen der Kreisgruppe GdP Justiz Thüringen und der Gesamtposition der GdP Thüringen. Während auf Landesebene eine klare Abgrenzung erfolgt, zeigt sich auf Ebene des Justizvollzugs, dass die personellen Lasten der Abschiebehaft faktisch allein vom Strafvollzug getragen werden.

Position des BSBD Thüringen

Aus Sicht des BSBD unterstreicht diese Situation die dringende Notwendigkeit, Verantwortung klar zu benennen und Zuständigkeiten eindeutig zu regeln. Der Strafvollzug darf nicht dauerhaft als Auffanglösung für politische und strukturelle Versäumnisse dienen.

Erforderlich sind:

  • eine tatsächlich eigenständige personelle Ausstattung der Abschiebehaft,
  • transparente und landesweit einheitliche Regelungen,
  • eine faire Lastenverteilung zwischen den Ressorts,
  • sowie klare Kommunikationsstrukturen gegenüber den Beschäftigten und Personalvertretungen.

Nur so kann diese zusätzliche Aufgabe verantwortungsvoll, rechtssicher und mit der nötigen Akzeptanz bei den Kolleginnen und Kollegen bewältigt werden.

Umso wichtiger ist es jedoch, dass:

  • die Belastungen fair verteilt werden,
  • keine einzelne Anstalt überproportional betroffen ist
  • und klare, nachvollziehbare Strukturen geschaffen werden.

Der BSBD hat hier nochmals betont, dass diese Übergangsphase nur gemeinsam bewältigt werden kann und dem TMJMV seine Unterstützung unter den zuvor erwähnten Prämissen zugesichert.

3. Personalsituation und Haushaltslage

Auch die Personalausstattung im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt 2026/2027 wurde erörtert.

Der BSBD hat erneut darauf hingewiesen, dass:

  • im Strafvollzug Stellen im mittleren Dienst gestrichen wurden,
  • während gleichzeitig Stellen für die Abschiebehaft geschaffen wurden.

Diese Verschiebung steht im Widerspruch zu der Aussage, die Abschiebehaft gehe nicht zulasten des Strafvollzugs. Hinzu kommt, dass im Jahr 2025 eine neue Personalbedarfsberechnung durchgeführt wurde. Auch wenn die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht sind, geht der BSBD davon aus, dass der Personalbedarf gestiegen ist, unter anderem aufgrund:

  • veränderter Gefangenenstrukturen,
  • höherer Gewalt- und Trennungserfordernisse,
  • zunehmender Drogenproblematik,
  • sowie zusätzlicher organisatorischer und sicherheitsrelevanter Aufgaben.

Vor diesem Hintergrund wurde die Haushaltslage kritisch eingeordnet und die politische Verantwortung deutlich benannt.

4. Laufbahnentwicklung – Perspektiven für die Zukunft

Darüber hinaus wurden zukünftige Strukturthemen angesprochen, insbesondere die Weiterentwicklung der Laufbahnen.

Am Beispiel ausgewählter Bundesländer, insbesondere des Freistaats Sachsen, wurde verdeutlicht, dass praxisorientierte Laufbahnaufstiege bis zur Besoldungsgruppe A11 , etwa für Vollzugsdienstleitung, möglich sind, ohne zwingend ein klassisches Studium absolvieren zu müssen.

Diese Modelle wurden bewusst als Diskussions- und Prüfansatz eingebracht, um langfristig attraktivere Perspektiven im Strafvollzug zu schaffen und stießen auch beim TMJMV auf offenes Interesse.

Überblick: Was ist jetzt wichtig?

Aktuelle gemeinsame Arbeitsschwerpunkte

  • Bündelung der Ämter A8/A9
  • Verbesserung der Beförderungs- und Beurteilungsstrukturen
  • Klärung der Strukturen und Personalausstattung auch im Zusammenhang mit der Abschiebehaft

Fazit:

Der BSBD Thüringen bewertet das Gespräch als wichtigen und konstruktiven Schritt, um zentrale Strukturfragen des Strafvollzugs weiter voranzubringen.

Wir sehen klare gemeinsame Ansatzpunkte, aber auch Themen, bei denen politischer Wille und Entscheidungen erforderlich sind.

Der BSBD wird diesen Prozess weiterhin kritisch, sachlich und konstruktiv begleiten, immer im Interesse aller Kolleginnen und Kollegen im Thüringer Justizvollzug.